Auswandern – Schritt für Schritt – Nur nicht zu viel verändern

Auswandern ist ein Abenteuer. Egal, wie du es anstellst. Geplant und mit Vernunft, oder spontan und ohne Idee. Es wird spannend! Ganz dem eigenen Naturell entsprechend, springt der eine gerne direkt ins kalte Wasser, während andere langsam und Schritt für Schritt ins kühle Nass steigen. In beiden Fällen kann es passieren, dass dir das Wasser schnell bis zum Hals steht. Auf der einen Seite hilft eine gute Portion Sorglosigkeit und Naivität, Dinge einfach unvoreingenommen anzugehen und auf der anderen Seite kann es zum Desaster führen. Umgekehrt neigen viele dazu, ihre Ideen zu „zerdenken“. Sie wollen jede winzige Möglichkeit bedacht wissen. Das führt schnell dazu, dass ein Projekt wie eine Auswanderung undurchführbar scheint. Doch wie sang der gute Marius Müller-Westernhagen einst? „Eine Garantie gibt dir keiner“ und so ist es. 

Mit Fehlschlägen planen

Scheitern kannst du jederzeit. Plane die wichtigsten Sachen. Ein Dach über dem Kopf, Krankenversicherung und ein Finanzpolster, um ein halbes Jahr ohne Einkommen zu überstehen. Damit dürfte das Gröbste abgedeckt sein. Ein Zimmer oder eine Wohnung sind das A und O. Du brauchst einen Rückzugsort, aus dessen Sicherheit du agieren kannst. Krankenversicherung und Geld müssen wir nicht thematisieren. Spoiler: Ein Job hilft dir bei diesen  Dingen massiv weiter. Damit verdienst du Geld, du bist gleichzeitig krankenversichert und du bist sofort in ein soziales Umfeld integriert.

Bei Wohnung oder Arbeit (sowie bei allem anderen) gilt: Jedes Detail in Verträgen schriftlich festhalten. Selbst wenn dein Gegenüber so unglaublich vertrauenswürdig und nett ist, ist nichts schlimmer, als mit deinem Koffer vor einer vermieteten Wohnung zu stehen und vom derzeitigen Bewohner abgewiesen zu werden.  Oder jemand anderes macht jetzt den zuvor dir versprochenen Job. Achte darauf, dass du verbindliche Verträge machst, keine Vorverträge oder hohle Absichtserklärungen. Vielleicht vernagelt diese Vorgehensweise dir die eine oder andere Chance jedoch wird auf der anderen Seite verhindert, dass du wieder in Deutschland landest und dein Projekt Auswanderung als Ganzes nach kurzer Zeit scheitert. 

Alles ist neu! Überfordere dich nicht in der ersten Zeit.

Auswandern ist ein Prozess. Das gilt für die Vorbereitung gleichermaßen wie für dein neues Leben am Ort deiner Träume. Ein wenig Druck ist ok. Doch zu viel sollte es nicht sein, du hast den Rest deines Lebens Zeit, um in die neue Lebensweise einzutauchen. In Deutschland bist du per Autopilot durch dein Leben geflogen. Du wusstest, wo das Rathaus, das Amtsgericht oder das Finanzamt zu finden ist. Oder profaner: Der Schlüsselmacher und Schuster war leicht und ohne Google Maps oder Apple Karten zu finden. Deine Lieblingsrestaurants hast du nicht nach Bewertungen ausgesucht, sondern anhand von Erfahrungen und unzähligen Besuchen. Diese Komfortzone hat sich mit deinem Schritt in ein neues Land komplett in Luft aufgelöst. Künftig musst du jede deiner Erfahrungen neu machen oder der Meinung anderer vertrauen. Davon raten wir ab. Neue, eigene Erfahrungen zu machen ist aufregend und spannend.

Bilde dir immer eine eigene Meinung

Selber machen und deinen Erfahrungsschatz erweitern  macht dein neues Leben prickelnd und aufregend. Ja, in jede Richtungen. Schlechte Erfahrungen gehören ebenfalls dazu. Mit der richtigen Einstellung passiert dir das recht selten. Besonders die Ratschläge der bereits länger im Ausland lebenden Deutschen entpuppen sich oft als subjektiv und wenig hilfreich oder schlichtweg falsch. Für Spanien hörst du oft: Die Spanier sind faul, die Spanier sind unpünktlich und natürlich viel dümmer als dein Ratgeber. Alles Dinge, die wir überhaupt nicht bestätigen können. Ganz im Gegenteil. Die meisten Spanier, die wir kennengelernt haben, arbeiten deutlich mehr und härter für ihren Lebensunterhalt. Die Bürokratie ist auch nicht schlimmer als in Deutschland. Sie funktioniert nach anderen Regeln. Du kannst versuchen, deinen „cabeza cuadrada“ durchzusetzen oder du fragst, was du als Nächstes tun musst, um deine Anfrage, deinen Antrag etc. zum Abschluss zu bringen. Egal, wie dumm die Frage war, die wir stellten, es wurde uns immer verständnisvoll erklärt, warum dies oder das nicht abgeschlossen werden kann. Ganz im Gegenteil, oft hatten wir das Gefühl: Jetzt gibt es einen Bonus für besonders Dumme. Manchmal mussten wir unverrichteter Dinge abziehen und noch ein paar „Vorarbeiten“ erledigen. Ärgerlich und am Ende unsere Schuld. Schließlich hatten wir ja unsere Hausaufgaben nicht gemacht. 

Suche dir professionelle Hilfe und mache, was verlangt wird.

Der Deutsche denkt er ist der Nabel der Welt. Das ist als Ausländer, der sich integrieren möchte, doch eher hinderlich. Eine komplett neue Lebensgrundlage in extrem kurzer Zeit aufzubauen, überfordert dich leicht. Dann ist es eine große Erleichterung, einen Gestor mit an Bord zu holen. Gestoren sind Menschen, die dir alles Mögliche abnehmen oder dich bei allen erdenklichen Dingen unterstützen. Das machen sie natürlich nicht aus Spaß an der Freude. Sie verdienen damit ihren Lebensunterhalt. N.I.E., Anmeldung im Rathaus, Unterstützung beim Arbeitsamt, Auto ummelden oder TÜV, Begleitung bei Arztbesuchen, egal welches Problem du hast, du musst es nicht alleine lösen. Der Vorteil bei der Beauftragung eines Gestors: Du hast einen Anspruch auf eine einwandfreie Dienstleistung, läuft etwas schief, obwohl du alles Notwendige zugetragen hast, ist es nicht deine Schuld. Unser Tipp: folge den Anweisungen und Anforderungen des Profis. Auch wenn es dir gegen den Strich geht. Nimmst du eine unentgeltliche Hilfe von Freunden oder Bekannten in Anspruch, können Meinungsverschiedenheiten bei Kontroversen schnell zum Ende der Freundschaft führen. Du darfst nie vergessen: Du möchtest etwas! Du bist der Bittsteller. Auch ein verbrieftes Recht kann auf unterschiedliche Weise eingefordert werden. Konfrontationen, Überheblichkeit und fehlende Sprach- sowie Sachkenntnisse sind dabei verheerend und konträr zur Zielsetzung. Ein Gestor weiß um diese Anforderungen und er kennt die einzelnen Sachbearbeiter in den Behörden und Ämtern oft seit Jahren. All diese Dinge kannst du von Freunden und Bekannten nicht erwarten. Nutze deine Freundschaften lieber für schöne Dinge, aber nicht für Dinge, die dein Leben massiv beeinflussen oder gar verschlechtern können. 

Erwarte keine Sonderbehandlung oder Rücksichtnahme.

Niemand, wirklich niemand, wartet hier auf dich. Es gibt keinen rechtlichen Anspruch auf einen „Ausländerbonus“. Ganz im Gegenteil. Als Gast solltest du dir bewusst machen, dass du stärker im Fokus stehst als jemand, der hier geboren ist. Integration ist eine Bringschuld. Wir haben die Erfahrung gemacht, wenn du höflich und zurückhaltend bist, wird dir weitergeholfen. Wenn du bemüht bist, Spanisch zu sprechen, spielt es überhaupt keine Rolle, ob dein Satzbau und deine Grammatik korrekt sind. Siehe dazu auch unseren Artikel zum Thema Spracherwerb. Was stimmt: Handwerk hat goldenen Boden. Sicherlich bist du als deutscher Handwerker besser ausgebildet, als die meisten Spanier. Das hilft in begrenztem Umfang weiter. Geht es um sicherheitsrelevante Arbeiten wie zum Beispiel Arbeiten an Gas- oder Elektroinstallationen, medizinische Berufe usw., dann musst du deine Abschlüsse offiziell anerkennen lassen. Das kann durchaus bedeuten, dass du eine neue Prüfung ablegen musst. Wohlgemerkt in Spanisch! Musst du noch 20 oder 30 Jahre bis zur Rente arbeiten, ist das überlegenswert. Die spanische Rente ist nicht so schlecht. Sie fällt im Verhältnis zum Verdienst deutlich höher aus als eine deutsche Rente. Auch wenn du deinen Job liebst und dir nichts anderes vorstellen kannst. Dann geh diesen Weg. 

Sei offen für alles. 

Final muss eine Arbeitsstelle dein Leben finanzieren. Nicht mehr und nicht weniger. Du hast ein Studium, du bist Ingenieur oder Arzt? Gut. Ohne Anerkennung bist du hier ungelernter Einwanderer mit einer Geschichte. Manche reiten nun auf ihren Titel herum und finden keine Anstellung und andere sind pragmatisch. Sie räumen Regale im Supermarkt ein oder sie helfen auf dem Bau und zahlen damit ihre Rechnungen. Niemand, wirklich niemand interessiert sich dafür, welchen Job du machst. Das ist eher ein deutsches Phänomen. Mein Haus, mein Auto, mein Boot! Uns ist die nette Reinigungskraft lieber, die sich die Zeit für ein Pläuschen mit uns nimmt, als ein Oberstudienrat, für den es unter seiner Würde ist, einen gewöhnlichen Ex-Bergmann und dessen Frau zu grüßen.  Der Job sagt nichts über deinen Charakter oder dein Mensch sein aus. Eine Karriere verläuft selten geradeaus. Das hälst du am besten immer im Hinterkopf. Unser Rat: Mach alles, was Geld bringt (außer vielleicht Drogenhandel oder andere kriminelle Aktivitäten). Ihr kennt unser Motto: Es ergibt sich immer etwas!

Das Leben auf Lanzarote ist nicht nur Sonne und gute Laune

Das Leben ist ein Ponyhof! Wer das denkt, muss ein großes finanzielles Polster haben. Ansonsten ist dies die bittere Wahrheit: Deinen Stundenlohn aus Deutschland kannst du vergessen. Hier wird deutlich weniger gezahlt und wesentlich mehr verlangt. Wenn du leistungsbereit und belastbar bist, wirst du deinen Weg hier machen. Wenn auch mit deutlich mehr Einsatz als in deiner Heimat. Hier gibt es viele reale Probleme. Zum Beispiel ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Die Mieten sind hoch. Das Angebot ist eingeschränkt und die Konkurrenz unter den Wohnungssuchenden groß.  Viele Vermieter lassen aufgrund der Gesetzeslage eine Wohnung lieber leer stehen, als sie zu vermieten. Jobs sind sehr oft befristet und die Lebenshaltungskosten sind nicht so günstig, wie es schön wäre. Wie schon angedeutet. Sorgt bei eurem Projekt für ein ausreichendes Polster an finanziellen Mitteln. Wenn du deine Wohnung verlierst, rechne nicht damit, schnell eine neue zu finden. Oft bleibt nur eine teure Ferienwohnung als Übergangslösung. Gleiches gilt für den Job. Wobei es auf Lanzarote deutlich mehr Job- als Wohnmöglichkeiten gibt. 

Was wir dir raten, um dein neues Leben erfolgreich beginnen zu lassen

Sei optimistisch, pessimistisch. Plane langfristig. Wir denken, zwei bis drei Jahre sind ein realistischer Zeitraum, um sich in allen Bereichen einzuleben und die Sprache einigermaßen zu erlernen. Beginne dein neues Leben, wie dein altes Leben endete. Ändere deine Gewohnheiten nach und nach. So kannst du dich in aller Ruhe mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen und deine alten Routinen Schritt für Schritt gegen neue austauschen ohne dich zu überfordern.  Plane am Anfang mit einem doppelt so hohen Budget, um Eventualitäten abfangen zu können. Sei kein „Quadratschädel“. Nimm Profis zur Hand. Bei Behördengängen sichere dir die Unterstützung eines Gestors, beim Hauskauf hole einen Rechtsanwalt deiner Wahl an Bord, hinterfrage Empfehlungen anderer Auswanderer immer kritisch. Oft übervorteilen einen die eigenen Landsleute. Das geschieht manchmal ohne böse Absicht und aus einer Not heraus. Manchmal sind es reine monetäre Interessen, die hinter vehementen Empfehlungen stehen. Das finden wir im Prinzip nicht schlimm, aber nur, wenn ganz klar kommuniziert wird, dass die Empfehlung aufgrund einer Werbepartnerschaft oder einer Provision ausgesprochen wird. Beachte, dass die Hilfestellungen auf dieser Seite und auf anderen Websites immer an eine bestimmte Zeit und Situation gebunden sind oder waren. Gesetze ändern sich und Voraussetzungen sind individuell und sehr unterschiedlich. Oft sind es die Details die sich als schwierige Stolperfallen entpuppen.

Hinterfrage natürlich auch unsere Ratschläge. Wir haben die Weisheit nicht gepachtet. Wir versuchen so gut und objektiv wie möglich unsere Erfahrungen wieder zu geben.
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