Es wäre eine Lüge zu behaupten, dass wir uns nicht auf unsere Auswanderung nach Lanzarote vorbereitet hätten. In den unzähligen Urlauben auf unserer Trauminsel haben wir nicht nur die Sehenswürdigkeiten erkundet. Wir haben uns bemüht, ein wenig Spanisch zu lernen. Wie so oft hört sich eine Idee, der man positiv gegenübersteht, leicht und einfach an. Doch dann wurden wir von der Realität gnadenlos eingeholt.
Spanisch lernen mit Hörkursen auf CD – Kann funktionieren oder auch nicht
Einfach eine CD einlegen, dem Sprachkurs lauschen und schon sprichst du fließend jede Sprache, die du willst! Nach einigen Stunden des fragwürdigen Hörvergnügens mussten wir feststellen, dass wir eventuell doch ein wenig mehr als eine Sprach-Lern-CD benötigen. Natürlich gehört zum Lieferumfang der meisten Sprachlernkurse eine entsprechende Lektüre. Doch mit den Begleitheften verhielt es sich wie mit den Anleitungen für die Montage eines IKEA-Möbelstücks: Erstmal ignorieren. Geht bestimmt auch so. Spätestens nach dem fünften Hören der Lern-CD haben wir uns dann der nackten Wahrheit gestellt: Autodidaktisches Lernen einer Sprache ist deutlich schwerer, als ein Kochrezept abzuarbeiten.
Volkshochschule – Der nächste Schritt auf dem Weg zur Fremdsprache Spanisch
Natürlich ist es möglich, mit ausreichend Disziplin und Zeit eine Sprache autodidaktisch zu lernen. Doch einfacher ist es, jemanden zu fragen, der Ahnung hat. Mit den Volkshochschulen wird dir deutschlandweit die Chance gegeben, alles Mögliche zu lernen. Töpferkurse, Fotoworkshops, Schrei-Retreats und natürlich auch Sprachkurse werden dort angeboten. Die Preise für diese Kurse sind mehr als moderat und für alle erschwinglich. Ab rund 80 Euro stürzt ihr euch ins Abenteuer „Schulbank drücken“. Wenn mir jemand vor mehr als 40 Jahren gesagt hätte, dass ich sogar Geld für den Besuch einer Schule bezahlen werde, hätte ich ihn einen weltfremden Spinner genannt. Doch die Wahrheit ist: Bildung kostet immer! Zeit, Geld und Nerven. Allerdings ist die Motivation, einen Kursus zu besuchen, um ein selbstgestecktes Ziel zu erreichen, eine gänzlich andere, als jeden Tag von seinen Eltern aus dem Haus zur Bildungsstätte gejagt zu werden.
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Spannend wie der erste Schultag
Es war absolut spannend, in der Vorstellungsrunde am ersten Schultag zu hören, mit welch hehren Zielen die anderen den Lernmarathon antraten. Die einen wollten sich mit ihrem Ehepartner in dessen Muttersprache unterhalten (und natürlich um die bilingualen Kinder zu verstehen). Ein anderer hatte einem spanischen Freund versprochen, Don Quijote im Original zu lesen und so weiter. Und wir? Unser primäres Ziel war, wenigstens nach dem Weg zu fragen, einzukaufen und vielleicht noch Essen bestellen zu können. Nicht mehr und nicht weniger war unser Ziel. Ziemlich weit entfernt von tiefschürfenden, menschheitsverändernden Gesprächen.
Ebenso schnell wie hoch motiviert die Gruppe ihre gemeinsame Sprachreise begann, verkleinerte sich die Gruppe zusehends. Am Ende gab es einen harten Kern von sechs Leuten, die ihr Ziel verfolgten, die spanische Grammatik zu meistern. Der letzte Kurs, der zustande kam, war der Anfang von Niveau B2 (wenn ich das noch richtig im Kopf habe). Dann gab es einfach zu wenig Interesse, um die Kurse weiter anbieten zu können. Immerhin hatten wir jetzt eine grobe Ahnung, was Spanisch als Sprache bedeutet. Unser Fazit: Guter Einstieg. Doch mit einer 90-minütigen Unterrichtseinheit pro Woche plus Hausaufgaben und kaum Gelegenheit zu sprechen war der Lernerfolg eher mäßig. Zumal sich ab einem gewissen Alter auch das sogenannte „Rentner-ADHS“ einstellt.
Spanisch lernen mit CD-Kursen, Karteikarten und Zeitschriften.
Unsere in der „Abendschule“ erlernten Spanisch-Kenntnisse haben wir dann sehr zum Leidwesen aller Betroffenen massiv im Urlaub angewandt. Wie ich immer zu sagen pflege: „Für mich ist mein schlechtes Spanisch nicht schlimm, nur für die anderen!” Dank Amazon hat jeder einen uneingeschränkten Zugriff auf Lernmaterial in allen erdenklichen Formen. Bücher, Vokabelkarten, Verbtabellen, Hörkurse auf CD oder als MP3. Nachdem unser Lieblingspostbote alle Pakete fluchend und schwitzend abgeliefert hatte, machten wir uns mit den Worten: „Jetzt lernen wir perfektes Spanisch!“, frisch ans Werk. Was sollen wir lange um den heißen Brei herumreden?
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Niemand setzt sich nach einem anstrengenden Arbeitstag, der von Sport, Hund und anderen Dingen zusätzlich vereinnahmt wird, hin und büffelt wie verrückt eine Fremdsprache, die er in 6 oder 7 Jahren braucht. Da gibt es wahrscheinlich nur ganz wenige, die so selbst diszipliniert sind. Obwohl wir seit Jahrzehnten täglich Sport machen, ist es uns nicht gelungen, eine Lernroutine zu etablieren. So sind unsere CD-Hörkurse im Regal verstaubt und die Lernkarten vergilbt.
Unser Fazit: Schwierig damit kontinuierlich zu lernen. Es fehlt einfach an Langzeitmotivation. Die eigene Disziplin wird auf eine harte Probe gestellt
Lernen im Alltag – Sprechhemmung überwinden und Spanisch auf leichte Art lernen
Wie das manchmal ist, sind einige Jahre schnell verstrichen. So auch bei unserem Sprachprojekt. Uns war von Beginn an klar, dass wir für alle Behördengänge professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Das ist rückblickend die perfekte Entscheidung gewesen. Mit schlechtem und holprigem Spanisch bestritten wir unseren Alltag. Der feste Vorsatz, jeden Tag zu lernen, hat sich ebenso zerschlagen, wie unsere Bemühungen, in Deutschland Spanisch zu lernen. Ständig kommt das Leben dazwischen und verhindert einen geregelten Stundenplan. Anfangs haderten wir mit diesem Umstand. Doch wir haben uns damit arrangiert.
Vor der Auswanderung, während der Corona-Pandemie, hatten wir ein paar Lektionen mit Rosetta Stone probiert. Das war unterhaltsam und schien einen gewissen Lerneffekt zu haben. Bei Stiftung Warentest schnitt Rosetta ziemlich schlecht in Sachen Lernerfolg ab. Wir haben nach und nach die anderen im Test erwähnten Apps ausprobiert und sind letztendlich bei duolingo hängen geblieben. Das Konzept erinnert eher an ein Spiel. Großer Vorteil der App: Sie kann in weiten Teilen kostenfrei genutzt werden. Die Werbung hält sich dabei in Grenzen und durch den Spiele-Charakter bleibt die Motivation weiterzumachen lange erhalten. Leider wird sehr wenig erklärt. So muss man sich die Zusammenhänge selber erarbeiten. Das gelingt in Verbindung mit Büchern so lala.
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Spanisch sprechen mit Freunden – Der Schlüssel, um eine Fremdsprache zu lernen
Ein glücklicher Zufall wollte, dass wir Paola trafen. Wir haben uns auf Anhieb super verstanden, obwohl sie kein Wort Deutsch spricht. Geduldig hat sie sich aus unserem Gestammel den Sinn herausgefiltert und bemüht sich, mit uns in einem einfachen Spanisch zu sprechen. Das war ein wenig wie der Turboboost bei Nightrider. Meine Grammatik ist eine einzige Katastrophe. Susanne hat das deutlich besser raus. Doch nach und nach wird es besser. Wir nutzen jede Gelegenheit, mit den Leuten zu reden. Ob beim Hundespaziergang oder beim Kneipenbesuch.
Wir sind immer offen für ein wenig Smalltalk und nehmen uns gerne selber auf die Schippe. Man kann durchaus die Charakterzüge der Deutschen zum Thema machen. Und hier liegt auch der Hase im Pfeffer. Wenn in Deutschland jemand im gebrochenen Deutsch auf die Frage antwortet, wie lange er schon Deutsch lernen würde, kommt meist als Antwort: Was so lange? Und du kannst es immer noch nicht? Das ist hier gänzlich anders. Jeder sagt dir: Hey, dein Spanisch ist super, wir verstehen alles. Mach weiter so! Niemand, wirklich niemand (außer einigen Deutschen) macht sich hier über schlechte Aussprache oder falsche Grammatik lustig. Ganz im Gegenteil. Mit Händen und Füßen wird dann erklärt, bis man es verstanden hat.
Der Alltag – Mittlerweile keine allzu große sprachliche Herausforderung mehr
Dank der aufgeschlossenen Art der Lanzeroteños meistern wir tägliche Herausforderungen ganz passabel. Beim Hundespaziergang, mit den anderen Hundebesitzern die Welt retten oder über die korrupten Politiker schimpfen, geht erstaunlich gut. Die Feindbilder hier ähneln denen in Deutschland sehr. So hat man immer ein anderes Thema. Wer mit Hund unterwegs ist, muss sich sowieso keine Gedanken machen. Es gibt immer etwas, das man über den Hundekumpel berichten kann. So schleichen sich jeden Tag mehr Wörter und mehr Grammatik in unser Vokabular. Zudem stellt sich schnell ein Gefühl des angekommen Seins ein. Wir haben festgestellt, dass man mit Humor am weitesten kommt. Wir spielen gerne mit den Klischees des „Deutschtums“ und wenn man ehrlich ist, oft findet man sich in den Stereotypen wieder. Allerdings kennen wir einige Menschen, die deutlich länger hier leben und sich wesentlich „deutscher“ benehmen als wir. An manchen geht der Lernprozess eben vorbei.
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10 Dinge, die dir beim Spanisch lernen helfen
- Habt keine Angst, etwas falsch zu machen. Sprecht einfach
- Setzt euch nicht unter Druck und versucht nicht alles auf einmal zu lernen
- Hinterfragt alte Lehrmethoden und schaut euch modernere an (Birkenbihl-Methode)
- Nutzt jede Gelegenheit zu sprechen.
- Nutzt Apps und Programme neben Büchern und Sprachkursen
- Nutzt Podcasts
- Nutzt YouTube
- Sucht aktiv den Kontakt mit Einheimischen (Intercambios, Sportstudio, Hundespaziergang)
- Fragt nach, wenn ihr etwas nicht verstanden habt
- Bei offiziellen Stellen im Zweifelsfall einen Übersetzer mitnehmen, Selbstüberschätzung ist eine böse Falle
Lernt den lokalen Spanisch-Dialekt
Wir als echte Ruhrpottler sprechen wohl kein Hochdeutsch. Ganz im Gegenteil. Wir finden es befremdlich, wenn irgendwer gestelzt daherredet und im Grunde gar nichts zu sagen hat. Das Gleiche gilt hier. Hier sprechen nur die Ausländer oder andere Zugewanderte ein „Hochspanisch“ oder sauberes Castellano. Der weitaus größere Teil spricht „Conejero“ und das ist auch gut so. Sprache ist immer ein Teil der eigenen Identität. Du kannst dich verkleiden, doch unter der Maske bleibst du eben, was du bist. Wir versuchen, uns mit dem oft kaum verständlichen Dialekt zu arrangieren. Aus „enfadado“ wird „enfadao“ oder aus „más o menos“ wird „má o meno“, mit einem gehauchten „s“ am Ende. Auch Floskeln sind hier anders. Mi niño bedeutet nicht „mein Kind“, sondern wird einfach als nette Anrede verwendet. Im Sinne von „Mein Schätzchen“ oder ähnlich.
Am Anfang sorgt das alles für ordentlich Verwirrung, da manche Wörter einfach nicht verständlich sind. Doch irgendwann platzt der Knoten. Hoffen wir zumindest.
Warum keine Sprachkurse mit Frontal- oder Einzelunterricht?
Gute Frage. Aktuell haben wir einfach keine Lust. Ich persönlich lerne am liebsten am Morgen gegen 5.00-6.00 Uhr, direkt nach dem Aufstehen. Da wird es wohl noch keine „Clase de Español“ geben, denke ich. Hier auf der Insel gibt es unzählige Sprachlehrer, Sprachschulen und auch Kurse direkt von den einzelnen Gemeinden. Diese sind zumeist kostenfrei und werden auf den Websites der Gemeinden angekündigt. Alternativ lohnt sich auch ein Blick auf die Website der Unversidades Populares (im Prinzip wie die VHS, ganz grob gesagt): https://www.upcanarias.com/. Als Sprachschule ist uns öfters https://cocolingua.com über den Weg gelaufen und empfohlen worden. Selber können wir zur Qualität des Unterrichts nichts sagen.
Wer sich im Internet bei Facebook und Co. umschaut, findet auch viele Intercambios. Dort triffst du Einheimische mit der Intention von dir, Deutsch oder Englisch zu lernen. Im Gegenzug lernst du von ihnen Spanisch. Meist sind es lockere und gesellige Runden, in denen du deine Sprachhemmung abbauen kannst und in denen viel gelacht wird. Eine gute Alternative zu den geselligen und zumeist kostenfreien Intercambios (bedeutet so viel wie tauschen/austauschen) ist die App: Tandem (https://tandem.net/). Das Prinzip ist gleich. Ein Deutscher und ein Spanier treffen sich in der App, der Deutsche will Spanisch lernen und der Spanier Deutsch. Man trifft sich in der App und redet. Du kannst auch nur zuhören. Ganz, wie du willst. Es gibt einen kostenlosen Bereich und natürlich eine Premium-Mitgliedschaft. Wie immer! Aber keine Angst: Du entscheidest!
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Der ultimative Sprachlern-Tipp: Das Verb ist wichtig
Konzentriere dich bei Gesprächen auf das Verb! Wenn du das verstehst, hast du schon die Person und die Zeit sowie die Tätigkeit, um die es geht, erfasst. Damit hast du schon fast den kompletten Sinn des Satzes erfasst. Du musst nicht alle Zeitformen kennen. Es reicht Präsenz, eine Zukunfts- und eine Vergangenheitsform. Wenn du in der Schule gut aufgepasst hast, hast du es mit dem Spanisch lernen deutlich einfacher. Ich jedenfalls ignoriere „dem“ Dativ und das Plusquamperfekt kann mir auch gestohlen bleiben!
Wenn du dir bei YouTube Spanisch-Lernkurse anschaust, mach dir zu jeder Lektion Notizen. Das steigert den Lerneffekt deutlich. Wenn du ein Hobby hast, schau, ob du YouTuber findest, die über dieses Hobby in Spanisch berichten. In Verbindung mit den Untertiteln hat das den gleichen Effekt wie spanisches TV schauen, nur dass die Inhalte interessant für dich sind. Folge spanischen Websites und nutze die Übersetzungsfunktion im Nachhinein, um zu kontrollieren, ob du den Sinn des Artikels erfasst hast. Gleiches gilt im Übrigen für Gespräche.
Versuche den Inhalt zu erfassen – Nicht jedes Wort
Achte nicht auf jedes einzelne Wort. Versuche lieber den Sinn des Gesprochenen als Ganzes zu erfassen. Wenn du dich in einem Gespräch befindest, überlege nicht lange, wie, was wo hingehört, welche Zeit, welche Person oder Gott weiß, welche Grammatikregel gerade angewandt werden müsste. Hau einfach deine Antwort raus. Niemand hat Lust, mehrere Minuten auf deine gestammelte Antwort zu warten. Pausen töten jeden Gesprächsfluss und verunsichern nur dich selbst. Dein Gegenüber weiß, dass du Ausländer bist und erwartet keine perfekten Sprachkenntnisse. Ich bevorzuge die Methode Learning by Doing. Schau dir in diesem Zusammenhang vielleicht auch mal die Methoden von Vera Birkenbihl an.
Sie zweifelt die aktuelle Lernmethodik an und hat einen alternativen, aus meiner Sicht besseren Ansatz entwickelt. Die aktuellen Lernmethoden gehen auf alte Missionare zurück, die ihre Religion in die Welt tragen wollten. Sie haben nichts mit modernen Lernmethoden zu tun. Aus der Sicht von Birkenbihl ist es einfacher, eine Sprache wie ein Kind zu lernen. Kinder pauken keine Grammatik, sie lernen durch ständiges Hören und Wiederholen und entwickeln so ein korrektes Sprachgefühl. Sprachrhythmus und Tempo hören sich mit dieser Methode wesentlich natürlicher an als mit Grammatik auswendig lernen und Vokabel pauken. Wenn du darauf achtest, wirst du feststellen, dass jede Sprache ihre eigene Melodie hat. Am Ende ergeben Dialekt, Rhythmus und Melodie ein stimmiges Gesamtbild und vermitteln deinem Gegenüber das Gefühl, dass du die Kultur und die örtlichen Gepflogenheiten respektierst. Das öffnet unbewusst Tür und Tor. Wer dagegen gestelzt daherredet, schafft eine ungewollte Distanz und wer will das schon?
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Welche Spanisch-Podcasts und welche YouTube-Kanäle nutzen wir?
YouTube-Kanäle
https://www.youtube.com/@conjaki
https://www.youtube.com/c/VamosEspañol
https://www.youtube.com/@dwespanol (News)
https://www.youtube.com/@TechSantos (Computerkram)
Podcasts und Websites
https://www.spanischmitmaria.de
https://www.newsinslowspanish.com
https://www.learncraftspanish.com
https://de.pons.com/verbtabellen/spanisch
Apps
https://www.duolingo.com
https://de.rosettastone.com
https://www.deepl.com/
Alternative Lernmethode:
https://vera-birkenbihl.de/die-birkenbihl-methode/
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