Einen kleinen Kurzurlaub haben wir uns verdient. Nach mehr als 2500 Kilometern quer durch Europa kommen wir in der spanischen Hafenstadt El Puerto de Santa María an. Völlig übermüdet und angenervt von der langen Autofahrt, nehmen wir mit Erschrecken wahr, wie eng die Altstadt hier ist. Auf der Breite von 1,5 Autos tummelt sich noch ein Parkstreifen und zwei Fußgängerwege. Beides ist rege genutzt. Ehrlicherweise bin ich froh, dass Susanne die letzte Runde gefahren ist.
Navigation ganz ohne Kartenmaterial – Wir sind trotzdem da
Trotz unserer hohen Affinität zu Gadgets jedweder Art, waren wir versucht, unsere Route in Form von Papierkarten mitzunehmen. Das fest verbaute und frisch aktualisiertes Auto-Navi, Apple-Karten und Google-Maps zum Trotz! Unser Fazit: Ein einziges Problem auf 2500 km. In Frankreich sind wir dummerweise beim Bezahlen der Maut von der Autobahn abgefahren. Den Fehler haben wir schnell bemerkt und einen kurzen Stopp zum Tanken eingelegt. Infolge weigerte sich das Navigationssystem beharrlich, auf der Autobahn zu fahren. Aus irgendeinem Grund war die Option „Autobahn vermeiden“ aktiviert worden. Mit Papierkarten wären wir sicherlich heute noch unterwegs. Bei Reisen innerhalb Europas auf dem Landweg würden wir uns auch künftig auf die Software verlassen. Papierkarten sind aus unserer Sicht wesentlich schwieriger zu handhaben.
Schnell ausladen und parken – Nur nicht mehr fahren
In der Beschreibung der AirBnB war die Rede von einem Carport. Schon bei der Einfahrt in die Straße, auf der die Wohnung liegen sollte, war uns klar: Niemals im Leben hat diese Wohnung einen Carport. So war es auch. Die Wohnhäuser sind hier ganz in Altstadtmanier dicht an dicht gebaut. Frei stehend ist hier ein Fremdwort. Der wahr gewordene Alptraum eines jeden Feuerwehrmannes. Hauswand an Hauswand. Zum Glück befindet sich direkt gegenüber der Ferienwohnung eine Halteverbotszone. „Nur Busse der ansässigen Firma erlaubt“, heißt es auf einem Schild. Egal! Zum Ausladen… nein… wir werden sofort aufgeklärt. Aber wir sind auch sehr gut in „dumm stellen“.
Wir laden hektisch unser Hab und Gut aus und Susanne versucht den angepriesenen Parkplatz zu finden. Ich drehe derweil eine kurze Runde durch die engen Straßen mit unserem Hundekumpel. Rocco, der Racker, findet das Fehlen von Bäumen und Gras sichtlich irritierend und verrichtet seine Notdurft dicht an eine Hauswand gepresst. Dabei versuche ich zu verhindern, von den allgegenwärtigen, lärmenden Motorrollern überfahren zu werden. Eine bauliche Trennung zwischen Bürgersteig und Fahrbahn ist nur stückweise auf der Straße vorhanden. Wir sind definitiv nicht mehr in Deutschland! Unmengen von Menschen ziehen derweil in Richtung Stadtkern. Es ist Freitag! Partytime. Auch das noch!

Jubel, Trubel und Verkehrslärm – Völlig überfordert von Cádiz
Trotz vieler Besuche in Düsseldorf, welches bekanntlich die schlimmste Verkehrsführung der Welt und eine Innenstadt hat, die eine Kneipe neben der anderen beherbergt, sind wir von der Menge an Leben und der Lautstärke schlichtweg erschlagen. Wahrscheinlich ist ein Großteil unserer „Verschrecktheit“ in der langen Autofahrt und der Anspannung der letzten Wochen begründet. In den ersten zwei Tagen versuchen wir nur zu überleben und irren etwas hilflos durch die Straßen des Vorortes von Cádiz. Nach und nach kommen wir an und entdecken die Schönheit der kleinen Gassen und finden sie zunehmend charmant. Kleine Geschäfte, Bars und Restaurants reihen sich endlos aneinander.
Waschtag in El Puerto de St. Maria
Wir finden sogar eine Wäscherei, um unsere arg strapazierte Reisekleidung wieder auf erträglich riechendes Niveau zu bringen. Unsere erste Erfahrung im Waschsalon. Strange! Aber auch gemeistert! Inklusive Waschmittel und Trockner. Essen gehen mit Hund im Schlepptau gestaltet sich etwas schwierig. In den meisten Restaurants muss der Hund draußen bleiben. Nach der Vernachlässigung der letzten Tage nehmen wir hier massiv Rücksicht und wählen unser Essen nach Verbleib des Hundes aus. Eine echte Offenbarung ist dabei die ortsansässige beste Hähnchenbräterei der Stadt. Unsere edle Idee, vegetarisch oder vegan zu leben, wird mit Füßen getreten. Nun, im Gegensatz zum Hühnchen sterben wir nicht davon. Die Portion Pommes würde in jedem Fall für mehr als zwei Leute reichen.

Liebevoll restauriertes Stadthaus mit tollem Patio – Kurze Erholung für den letzten Teil der Reise in Cádiz
Nach einigen Stunden Schlaf hatten wir dann auch ein Auge für unsere Unterkunft. Das komplett renovierte und liebevoll eingerichtete Appartement ist bis ins kleinste Detail durchgestylt. Tolles Bad. Mega bequemes Bett und eine kleine und funktionale Küche sind mehr, als wir zum Leben brauchen. In der ganzen Wohnung finden sich tolle Details. Modernes und Antikes bilden einen tollen Stilmix, der uns wirklich begeistert. Im Gemeinschaftspatio gibt es einen kleinen Springbrunnen, eine Couch, eine Kaffeemaschine, einen Wasserkocher und Magdalenas zum Naschen. Schon der Eingangsbereich ist ein Augenschmaus. Trotz der direkten Lage an der Straße, ist kaum Verkehrslärm zu hören. Wir schlafen wie in Abrahams Schoß.

Ruinierte Arbeitsplatte – Malheur am letzen Tag. Dummheit wird bestraft
Trotz jahrzehntelanger Routine im Frühaufstehen ist man manchmal nicht ganz bei der Sache. Wie üblich schreit mein Körper um 5:00 Uhr nach Kaffee. Um die Nachbarn nicht zu wecken, nutze ich die Cafetera im Apartment. Im Kopf schon bei der Packliste, um bei der Abfahrt nichts zu vergessen, stelle ich die noch heiße Cafetera auf die Arbeitsplatte. Obwohl ich im 100stel Sekundenbereich reagiere und die Kanne sofort hochnehme, ist die kunststoffbeschichtete Arbeitsplatte nachhaltig von meiner Aktion „beeindruckt“. Sofort ist mir klar: Du Idiot! Da ist nichts mehr zu retten. Nun, wenn man etwas kaputt macht, muss man auch dafür gerade stehen. Einfach abhauen und alles abstreiten ist ganz und gar nicht unser Stil. Also machen wir schnell ein Foto und schreiben dem Host von unserem Missgeschick.

On the Road again! Die letzten 20 Kilometer auf dem europäischen Festland
Kurz bevor wir losfahren, schaut sich der Host, noch im Morgenmantel gekleidet, die auf Ewigkeiten gebrandmarkte Arbeitsplatte an. Wir reden kurz über die Kosten und verabschieden uns dann. El Puerto de Santa María liegt circa 20 Kilometer vom Abfahrtsort der Fähre in Cádiz entfernt. Glücklicherweise haben wir zuvor einen Blick auf die Verkehrslage geworfen. Zäh fließend! Nun gut. Als stauerprobte Ruhrpöttler kann uns das auch nicht mehr erschrecken. Nach dem Verkehrschaos rund um Paris erscheint uns jede andere Verkehrslage wie das Paradies für Autofahrer. Scheinbar gibt es aber Unstimmigkeiten in Bezug auf unser Ziel. Verzweifelt schreit uns das Navigationssystem an und bittet ein wenig weinerlich um Fahrtrichtungswechsel. Bitte wenden! Wir sind zu 100 % sicher, dass es keine Möglichkeit gab, der Anweisung, rechts abzubiegen, zu folgen.
Die Einfahrt zum Hafen in Cádiz ist schwerer zu finden, als man denkt
Also drehen wir eine Ehrenrunde und wenden. Dann biegen wir halt links ab. Was soll ich sagen? Bitte wenden! Susanne und ich sind uns sicher: Da war keine Zufahrt zur Muelle. Also weiterfahren und wenden. Alle guten Dinge sind drei! Wir biegen einfach ab und fahren in die relativ kleine Einfahrt. Nach einigen Metern werden wir von einer Schranke gestoppt und fragen nach dem Weg. Natürlich sind wir hier richtig, ist doch klar! Sieht man doch! JA? Ja! Jedenfalls hat der Pförtner Spaß an unseren verschreckten Gesichtern und lässt uns durch. Nach einigen Metern sehen wir auch schon die Schlange der Reisewilligen und reihen uns ein. Wir gehören zu den letzten Ankömmlingen. Ein nettes Paar aus Berlin klärt uns kurz auf, wo wir uns anmelden müssen. Susanne erledigt das, während ich mal wieder eine Runde mit dem Hund drehe. Besser er verrichtet sein Geschäft auf dem Festland.
Kurzweiliges Warten – Jetzt gibt es kein Zurück mehr
Bei bestem Wetter kommen wir mit den anderen Wartenden ins Gespräch. Ein Paar aus Berlin ist auf dem Weg nach Las Palmas. Die beiden drehen Dokumentarfilme. Hauptsächlich zum Thema Nachhaltigkeit. Plötzlich entsteht Hektik. Die Autoschlange im Hafen von Cádiz setzt sich in Bewegung und die ersten Wohnmobile fahren in Richtung Autofähre. Ein wenig chaotisch geht es schon zu. Das System, wer wohin gelotst wird, erschließt sich uns nicht. Kurz vor der Fähre werden wir von einem Beamten der Guardia Civil interviewt und er fragt nach dem Grund für unsere Reise. Mit ein wenig Mühe vermitteln wir unser Anliegen des schönen Lebens auf Lanzarote, ganz ohne Arbeit. Vorsorglich fragt er vier oder fünf Mal nach, ob wir wirklich nicht arbeiten wollen. Wir verneinen vehement und versuchen, das Auto die schmale und steile Rampe hinauf zu bugsieren. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Wir wandern aus!
Schreibe einen Kommentar